Treffen der Ausübenden liturgischer Dienste im Seelsorgeraum Voitsberg 24.10.2024
Impuls des Bischofs
Zunächst: * Dank für den Dienst und das vielfältige Engagement
* Damit wird etwas Wesentliches der Liturgiekonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils umgesetzt, die "leitourgia" ernst nimmt, was übersetzt heißt "Tun des Volkes". Vorher war es Tun des Priesters, jetzt eben Feier aller - mit unterschiedlichen Rollen und Funktionen, wie das halt bei jeder Gemeinschaft ist.
* Danke, dass Sie sich die Zeit auch zur spirituellen Vertiefung nehmen - und verbunden damit die Bitte, dies des öfteren zu tun, also sich in dem zu vertiefen, was wir machen. Liturgische Dienste dürfen nie nur Erfüllung einer Aufgabe sein, sondern sind Teil der Feiern unseres Glaubens und damit von etwas für unser Kirchesein sehr bedeutsames.
* Dieser Abend soll daher u.a. dazu dienen, uns selbst ein wenig in die Tiefe dessen führen zu lassen, was Liturgie bedeutet, mit der wir uns dauernd beschäftigen.
1. Blick auf die Gesellschaft
Wir leben mitten in dieser Welt und ein Aspekt, der plakativ als Situationsanalyse benannt werden kann hierfür, ist die Zunahme an Individualisierung, verschärft durch die Pandemie. - Wenn wir aber an Kirche denken, sind wir dagegen alternativ: denn Kirche ist Vergemeinschaftung.
Dies gilt aber auch für uns: Wir sind als Kirche nur dann ihrem Wesen entsprechend, wenn wir das Miteinander und Zueinander ernstnehmen - und das kann im Seelsorgeraum gut gelebt werden. Daher: Leben vor Ort - in Pfarren - und: Leben im Miteinander, durch Austausch, Vernetzung usw.
Mit einer solchen Lebensweise [von Kirche] dienen wir einer Gesellschaft, in der Individualisierung auf der Tagesordnung steht.
2. Liturgie
Wenn ich unter "Liturgie" den "offiziellen Gottesdienst" der Kirche verstehe, dann sind darunter die Sakramente und das Stundengebet gemeint. Viele dieser Feiern - "Gottesdienst" ist hierbei eben der Überbegriff - sind keine Messe und viele daher auch ohne Kommunion, weil diese zur Messfeier gehört. - Im 20. Jahrhundert musste ein Papst sogar ein Dekret herausgeben, in der die mindestens einmalige Kommunion pro Jahr eingemahnt wurde - heute ist es vielfach so, dass alles an Gottesdienst auf die Kommunion reduziert wird: Wie sehr sich doch in einigen Jahrzehnten die Wahrnehmungen ändern!
Daher gilt es, die "reduzierte" Wahrnehmung kirchlicher Feiern - praktisch immer Messe - wieder auf eine frühere Vielfalt zurückzuführen, in der die Eucharistiefeier wirklich als "Gipfel" (hierzu braucht es einen Anweg) bzw. Quelle (aus dieser muss sich das Wasser in den Bach ergießen, sonst verkommt sie zum Tümpel) erfahren wird. Das heißt also auch, dass die Vielfalt anderer Gottesdienstformen wie Andachten [Mai, Totenwachen, Rosenkranz, ...] auch unabhängig von liturgischen Feiern geübt und bewusst platziert werden sollen - auch deswegen, weil diese eben "Volks-Gottesdienste" sind.
Und: es gilt noch viel zu entdecken und zu leben, was in der Liturgiekonstitution und sich in der etwa daraus erfließenden "Allgemeinen Grundordnung für die Messe" steht, u.a.
* alle, die einen Dienst ausüben - es ist ja Feier der Kirche! - sollen mit einziehen
* liturgische Kleidung für alle, die einen Dienst ausüben - es ist ja Feier der Kirche!
* in er Messfeier sollen nur jene Hostien konsekriert werden, die in der Feier auch ausgeteilt werden; im Tabernakel sollen nur so viele sein, wie unter der Woche für die Krankenkommunion
und das Sterbesakrament ("Viaticum")1 benötigt werden. - Daraus folgt: viele Debatten, etwa die ob bei einer Wort-Gottes-Feier Kommunion gespendet werden soll oder nicht, gäbe es eigentlich nicht, würden wir die seit 60 Jahren geltenden Regeln durchführen.
Mit anderen Worten: wir haben noch viel zu lernen und zu leben, damit Liturgie als "Tun des Volkes" erfahrbar ist. Die Frage etwa: "Wir wünschen Sie es, Herr Bischof?" dürfte eigentlich nicht vorkommen, weil die Standards überall gleich gelebt werden, aber die Form dann doch in der Art der Feier vor Ort eine entsprechende ist [kleine Pfarren haben etwa andere Möglichkeiten als größere usw.]
3. Anmerkung zu neuesten Entwicklungen
Durch die Pandemie nahmen streaming-Angebote und auch TV-Übertragungen zu; auch die Radioübertragung von Messfeiern ist nach wie vor "Quotenhit". Durch das unter 1. hier Geschilderte ist etwa auch klar, dass der "Genuss" einer medial übertragenen Feier eher der Einstellung vieler entspricht, weil Homilie etc. ausgesucht werden kann usw.
Doch: all das soll uns eigentlich ermuntern, auch vor Ort - Kirche lebt eben aus der Beziehung zu- und miteinander und zu Gott! - mit den Möglichkeiten, die uns zur Verfügung stehen, entsprechend würdig und schon zu feiern, damit die Bedeutung der Liturgie deutlich wird.
Wilhelm Krautwaschl